18. August: Informationskonferenz über Maßnahmen zur Sicherung des Wasserstandes des Neusiedler Sees

Im vergangenen Jahr wurde von der Burgenländischen Landesregierung eine Reihe von Studien über mögliche Maßnahmen zur Wasserstandssicherung des Neusiedler Sees in Auftrag gegeben. Über die vorliegenden Ergebnisse der Studien wurde im Rahmen dieser Veranstaltung informiert.

 

LR a.D. ÖkRat Paul Rittsteuer eröffnete um19.00 Uhr die Sitzung.

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„Obwohl ich schon seit drei Monaten offiziell nicht mehr an erster Stelle als verantwortliches Regierungsmitglied der Wasserwirtschaft und des Naturschutzes tätig bin, wurde ich in den letzten Wochen von vielen Personen der Region persönlich angesprochen, wie steht’s mit den Vorbereitungsarbeiten zur Sicherung des Wasserstandes am Neusiedler See.“ Zur Untermauerung dieser Anfragen wurde Mitte August im Bezirksblatt eine Umfrage veröffentlicht, die der LAbg. Kurt Lentsch initiiert hat, die die Bedeutung dieses Themas ganz deutlich zum Ausdruck brachte. 89 Prozent der Bevölkerung in der Region fanden das Thema Wasserstandsicherung für ein wichtiges und vordringliches Thema. Deshalb wurde, über Einladung der ÖVP-Bezirk Neusiedl am See, zu einer Informationsveranstaltung in das Weinwerk in Neusiedl am See geladen. Allein die Anzahl der interessierten Gäste, die dieser Einladung folgten zeigte, wie wichtig dieses Thema ist.

 

„Ich freue mich ganz besonders, dass mein Nachfolger und das nunmehr zuständige Regierungsmitglied für Landwirtschaft und Wasserwirtschaft, Umwelt- und Naturschutz LR DI Nikolaus Berlakovich zu dieser Diskussionsveranstaltung gekommen ist,“ so Rittsteuer.

 

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Weiters waren unter den zahlreichen Gästen der LAbg. und gf. Bezirksparteiobmann Ing. Rudolf Strommer (1.R.1.v.l.), die Bürgermeister aus Zurndorf, Podersdorf und Parndorf, der Hausherr LAbg. Bürgermeister Kurt Lentsch (1.R.2.v.l.), sowie Vertreter der Tourismusverbände, von Naturschutzorganisationen und der Segelverbände.

 

 

 

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Am Podium waren neben LR DI Nikolaus Berlakovich (2.v.l.) und LR a.D. ÖkRat Paul Rittsteuer (3.v.l.), als Fachreferenten Hofrat DI Helmut Rojacz (1.v.l.), Landeswasserbaubezirksamt Schützen am Geb., Hofrat DI Julius Marosi (4.v.l.), Abteilungsvorstand der Abt. 9 – Umwelt- u. Naturschutz, Hofrat Univ.-Prof. Dr. Alois Herzig (5.v.l.), Leiter der Biologischen Station Illmitz, anwesend.

 

Wortmeldung LR DI Berlakovich:

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Die Bedeutung des Neusiedler Sees in seiner Einzigartigkeit zu beschreiben ist nicht notwendig. In einem Forschungsbericht über die allgemeine Beschreibung des Neusiedler Sees aus den Jahre 1952 wird betont, dass es immer wieder längere Trockenperioden gegeben hat. 1742, 1811, 1865 und 1871 ist der See verschwunden. Interessant ist auch, dass der See eine sehr unterschiedliche Ausdehnung hatte, so hatte er 1786 eine Ausdehnung von 515 km2, 1924 ca. 200 km2 und heute in etwa 300 km2. Das beständigste am Neusiedler See ist offensichtlich die Veränderung. Es ist sehr bemerkenswert, dass der Wissenstand von 1952 der war, dass der wechselnde Wasserstand nicht mit den Höhen der Niederschlägen zusammen hängt, sondern durch den Grundwasserzufluss. Heute wissen wir, dass das nicht stimmt.

Die wirtschaftliche Bedeutung des Sees ist außer Frage. Für Tourismus, Gastronomie, Hotellerie usw. und natürlich für die Landwirtschaft. Auch für das Klima generell dieser gesamten Region. Der See hat eine sehr starke regulierende Wirkung.

Die Erhaltung des Neusiedler Sees und seines Naturschutzgebietes gehören zu den wichtigsten Aufgaben der Wasserwirtschaft im Burgenland. Das war immer so und ist auch heute so. Der Neusiedler See ist immer im Interesse der Politik gestanden und Dank der Initiativen der letzten Jahren meines Vorgängers wurde immer daran gearbeitet, betonte Belakovitch. Warum? Gerade in den letzten Jahren, beispielsweise das Jahr 2003 war ein extremes Trockenjahr, hat es durch die geringen Niederschläge dazu geführt, dass es geringe Wasserstände gab, so dass wir im Vorjahr den niedrigsten Wert seit 40 Jahren hatten. Das ist natürlich ein großes Problem, was die Seewassermenge anlangt, aber natürlich auch die Qualität des Seewassers.

LR Rittsteuer hat seinerzeit Experten der Burgenländischen Wasserwirtschaft beauftragt Überlegungen anzustellen, den Neusiedler See mit Wasser aus der Raab bzw. aus der Donau zu dotieren und Entscheidungen, bez. politische Entscheidsgrundlagen, dazu zu erarbeiten. Ob das überhaupt möglich ist und wie das technisch machbar wäre. Es gab auch eine Resolution der Bürgermeister, auf Initiative von Kurt Lentsch, die dem zuständigen Landwirtschaftsminister Dr. Pröll übergeben wurde. In der ging es darum, dass eine ausreichende Wassermenge des Neusiedler Sees abgesichert werden soll.

Der Bund hat gemeinsam mit der Bgld. Landesregierung eine Studie in Auftrag gegeben und sich auch finanziell mitbeteiligt. Das war der erste Ausgangspunkt mit dem Ziel, eine technische Machbarkeitsstudie und eine ökologische Studie zu erstellen, die sich mit der Dotierung des Neusiedler Sees mittels Raab- bzw. Donauwasser beschäftigt hat.

Die Experten kamen zu der Meinung, dass einer Wasserzuleitung aus der Donau Vorrang zu geben wäre. Warum aus der Donau? Weil die Wasserzufuhr aus der Donau in ausreichender Menge ganzjährlich vorhanden wäre und damit könnte, sobald der Mindestwasserstand des Neusiedler Sees unterschritten wird, Wasser punktgenau, auch im Sommer, zugeführt werden. Ein weiterer Punkt war die Wasserqualität. Die Experten kamen zu der Meinung, dass das Dotierungswasser aus der Donau aus dem Uferfiltrat gezogen werden sollte. Außerdem kamen die Experten zu der Ansicht, dass die langjährige Schwankungsbreite des Seewasserstandes, wenn es zu einer Dotierung kommt, erhalten werden soll.

Aufgrund dieser Studien wurden weitere Studien in Auftrag gegeben. Der Neusiedler See ist ein Wirtschaftsfaktor, aber natürlich auch ein Naturjuwel, Weltkulturerbe, Nationalpark, usw. Es ist höchste Sensibilität gefragt, auch internationaler Art. Daher war es wichtig für die politische Entscheidung Erkenntnisse zu gewinnen. Diese Entscheidung ist nicht einfach, sie soll seriös getroffen werden. Jedenfalls wurden fünf weitere Studien in Auftrag gegeben, die teilweise schon fertig sind.

Eine Studie über die Auswirkung einer Klimaänderung auf den Wasserhaushalt des Neusiedler Sees wurde vor kurzem präsentiert. Die Universität für Bodenkultur wurde beauftragt Klimaszenarien zu entwickeln, wie sich das Klima bis in die Jahre 2050 entwickeln könnte. Es gibt ja nicht nur Trockenjahre, sondern auch niederschlagsreiche Jahre.

Eine weitere Studie wurde beauftragt über die Erhebung des Restrisikos bei hohen Wasserständen, wenn zu viel Wasser vorhanden ist. Was passiert wenn der Stand von 116 müA überschritten wird, wie es im Frühjahr 1996 der Fall war. Welche Objekte sind gefährdet, welche Anlagen. Diese Studie ist noch nicht fertig, ist noch in Ausarbeitung. Es ist eine Laser-Scanner-Befliegung durchgeführt worden um ein digitales Geländemodell zu entwickeln, um zu sehen wenn es zu Hochwasserständen kommt wo fließt das Wasser hin.

Eine Studie über die Bewertung der möglichen Standort an der Donau, über die Qualität des Grundwassers, über geologische Daten, über Wasserrechte und mögliche Grundablösen ist bereits fertig.

Drei weitere Studien wurden an der Uni Wien in Auftrag gegeben. Über das Alter des Neusiedler Sees, über die Geodynamik der Neusiedler Sees und über die Verteilung von Schotter im Grenzbereich Donau-Leitha-Seewinkel.

In Summe sieht man, dass es das Land wirklich sehr ernsthaft und seriös angeht. Es entstehen dem Land durch all diese Studien Kosten von etwa 220.000 Euro, die aus dem Zuständigkeitsbereich des Wasserbaubudgets getragen werden.

Darüber hinaus wurde eine Tourismusstudie in Auftrag gegeben, in Zusammenarbeit mit den Gemeinden. Um auch die wirtschaftlichen Auswirkungen einer allfälligen Austrocknung des Sees zu erheben.

Der Neusiedler See ist mit Sicherheit eines der bestuntersuchten Biotope. Ob man alle Fragen klären kann bleibt offen. Im Interesse einer seriösen Entscheidungsfindung müssen diese Studien gemacht werden.

Wir gehen davon aus, dass im Herbst alle Studien vorliegen. Ich werde dann die Bgld. Landesregierung, die der politische Entscheidungsträger ist, über das Ergebnis der Studien informieren und dann muss die Entscheidung fallen, ob es eine Wasserzuleitung gibt. Auch muss man sich über den Zeithorizont klar werden. Man geht von einem Zeitraum von etwa 4 bis 7 Jahren aus, bis das Projekt realisiert werden könnte. Es muss auch noch eine Umweltverträglichkeitsprüfung geben. In diesem Fall vergleicht man mit einem Autobahnbau. Aber das langfristige Ziel wäre es, den Wasserstand zu sichern.

Um eine Größenordnung zu bekommen. 1 mm Wasserstand macht 300 000 m3 Wasser, das entspricht etwa einer größeren Weinernte in Österreich. Die Stadt Wien verbraucht in einer Sommerwochen 2,8 bis 3 Mio. m3 Wasser. Diese 3 Mio. m3 Wasser entsprechen in etwa einem heißen Tag Verdunstung am See.

 

Wortmeldung Hofrat DI Marosi:

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Der Neusiedler See war bis ins 19. Jh., vor der großen Raab-Regulierung bzw. vor dem Bau des Hanságkanals, ein richtiges Rückhaltebecken für die Hochwässer aus der Raab bzw. aus der Donau. Raab - bzw. Donauhochwässer sind damals in den See geströmt. Im Zuge der Regulierung wurde im Bereich von Györ ein Schutztor errichtet, damit die Donauhochwässer nicht mehr in denHanságkanal zurückströmen konnten. 2002 wäre das der Fall gewesen. Die Raabregulierung war auch entscheidend, dass das Gebiet südlich des Neusiedler Sees nicht mehr vom Hochwasser überflutet wurde.

Ein spezielles Thema ist, warum gibt es diese Schwankungen im See, wieso wirkt sich das so stark aus und warum ist das am Neusiedler See so extrem. Eine Überlegung gibt es, dass ein direkter Zusammenhang mit der Solaraktivität der Sonne besteht. Es hat in der Vergangenheit bereits mehrere Autoren in dieser Richtung gegeben die auch diese Gedanken hatten. Der Neusiedler See ist ein Fieberthermometer unserer Sonne. Es gab in den letzten Jahren eine deutliche Steigerung der Solaraktivität und die Steigerung geht weiter. Die Solarzyklen werden immer kürzer, sie gehen von 12 bis 13 Jahren zurück auf 10 bis 11 Jahre. Mit dieser Steigerung der Solaraktivität gibt es auch eine wesentliche Steigerung der Verdunstung. Es ist, durch das momentane Sinken der Solaraktivität, für die nächsten Jahre ein steigender Wasserstand zu erwarten. Ab dem Jahre 2011 bis 2013 wird die selbe Situation eintreten die wir momentan haben.

Aus meiner fachlichen Sicht, wird des in den nächsten Jahren keine Probleme geben, aber gerade deshalb müssen wir uns über dieses Thema jetzt unterhalten, wo es noch möglich ist zu planen und zu bauen. Es wird 4 bis 7 Jahre brauchen um dieses Projekt fertig zu stellen. Es heißt jetzt vorsorgen für die Zeit nachher.

1965 wurde die Schleusenregulierung gemeinsam mit den Ungarn eingeführt, bei der der Seewasserstand generell um ca. 30 cm angehoben wurde. Die Mittelwerte im Winterhalbjahr sind deutlich höher als im Sommerhalbjahr. Im Sommerhalbjahr dominiert die Verdunstung.

Eine gibt Studien der Donau-Consulting-Verbundplan-Austria. Der Verbundkonzern und die Donaukraftwerke hatten im Bereich Wildungsmauer, Hainburg und Wolfsthal Kraftwerkstandorte geplant. Diese eingehenden Untersuchungen über die Biologie und die Hydrologie im Bereich der Donau wurden heran gezogen, um aus ihrer Sicht die Möglichkeit Wasser im Ausmaß von rund 1 m3/sec zu entnehmen. Die Verbundplan GmbH managt auch das Kraftwerk Freudenau, wo auf Grund der wasserrechtlichen Bewilligung auch ein Grundwassermanagement gemacht wurde, das sich auch im Rahmen von ca. 1 m3/sec bewegt.

Es wurde auf das Wissen dieser Gesellschaften zurück gegriffen und es wurden vier Standort untersucht. Im Bereich Wildungsmauer, einer westlich von Hainburg und zwei Standorte östlich von Hainburg. Die ersten Überlegungen möglichst nahe zum Burgenland wurden durch diese Studien bestätigt. Im Bereich Wolfsthal, bevor die Donau Österreich verlässt sind wir optimistisch, dass hier doch eine Möglichkeit sein wird einen entsprechenden Brunnenstandort zu finden.

Prinzipiell ist das nördliche Burgenland, drei politische Bezirke, 140 000 Einwohner, von sehr viel Wasser umgeben. Von der Raab, von der Leitha und der Donau, nur haben wir von diesem Wasser sehr wenig. Wir sind angewiesen auf den Niederschlag, wir haben keine großen Zuflüsse, d.h. wir stehen in einem sehr großen wasserwirtschaftlichen Spannungsfeld. Wir müssen für die touristische Entwicklung, für die Landwirtschaft und für den Nationalpark wasserwirtschaftlich vorsorgen. Deswegen diese vielen Überlegungen, die sich nicht nur auf den Neusiedler See speziell beziehen, sondern natürlich auch mit dem Wasserhaushalt des Seewinkels.

Trockenjahre sind Verdunstungsjahre. Es verdunstet sehr viel Wasser nicht nur am See, sondern natürlich auch über die Vegetation. Die Grundwasserspiegel sinken ab und es ist wichtig über das nächste Jahrhundert entsprechen vorzusorgen. Aus wasserwirtschaftlicher Sicht ist es technisch machbar. Es ist die Frage ob die Politik, ob die Bevölkerung das will.

 

Wortmeldung Hofrat DI Helmut Rojacz:

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Wir haben einige Aufgaben bekommen, sowohl von der technischen als auch von der ökologischen Seite. Von der ökologischen Seite sind einige Forderungen gestellt worden. Wenn wir uns auf einen bestimmten Wasserstand einigen, der nicht unterschritten werden sollte, dann muss es auch möglich sein, die hohen Wasserstände halten zu können, damit die Schwankungsbreite von ca. 80 cm gewährleistet bleibt, die aus ökologische Sicht sehr wertvoll ist.

Weitere Fragen waren die Qualität des Wassers und kann man das Wasser überhaupt in das System einleiten. Das Gebiet des Nordburgenlandes und des Seewinkels gehört zu den trockensten Gebietes Österreichs. Wir haben versucht bei der Studie die Frage zu klären, wie wird sich das Klima bis zum Jahre 2050 entwickeln. Die Wissenschaftler haben sich für eine sehr sachte Klimaerwärmung entschieden. Eine Erwärmung von ungefähr 0,7 Grad, die beginnend in den 90er Jahren bis 2005 nachvollziehbar ist. Bis zum Jahr 2020/2030 wird die Erwärmung ungefähr um 1,9 Grad ansteigen, bis zum Jahr 2050 um ca. 2,4/2,5 Grad. Weltweit werden ähnliche Modelle durchgerechnet und prognostiziert. Es war auch die Frage zu beantworten, wie war das Szenario im 19. Jh. vor der Seeaustrocknung. Vor der Austrocknung war eine Phase von mehreren Trockenjahren die dazu geführt haben, dass der See 1864 und 1868 bis 1972 zur Gänze ausgetrocknet war.

Zu den hydrologischen Randbedingungen sind diverse Dinge betrachtet worden. Es ist über das Einzugsgebiet des Neusiedler Sees genau detailliert ermittelt worden. Das Einzugsgebiet des Neusiedler Sees, bei einer Seefläche von ca. 320 km2, die Wasserbilanzierung, die oberirdischen und die unterirdischen Zubringer und die gesamte Wasserbilanz. Wir haben in der gesamten Wasserbilanz des Neusiedler Sees den Regen als den wichtigsten Faktor in der Haushaltsgleichung. 80 bis 82 Prozent des Wassers, das in den See hinein kommt, ist Regen. Die oberirdischen Zuflüsse bringen 10 bis 14 Prozent, der Rest sind kleine Zuflüsse im Bereich der Parndorfer Platte und des Leithagebirges. Der Output ist bis zu 90 Prozent Verdunstung. Die Verdunstung ist in der Wasserbilanzierung der am Schwierigsten zu erhebende Faktor. Ein wichtiger Faktor ist auch die Schleusenregelung. Es gibt ein internationales Übereinkommen zwischen Österreich und Ungarn. Diese Schleusenregelung sieht vor, dass zu bestimmten Wasserständen die Schleuse zu öffnen ist. In den Wintermonaten Oktober bis Februar gilt der Wasserstand 115,65 müA, in den Sommermonaten März bis September 115,70. Die letzte Öffnung der Schleuse war im Februar 2000, nach diesem Zeitpunkt war die Schleuse garantiert geschlossen.

Zur Schilfproblematik. Die Schilffläche ist mehr als 50 Prozent der gesamten Seefläche. Ist die Verdunstung auf der Wasserfläche ein sehr wichtiger Faktor, ist die Verdunstung in der Schilffläche noch um vieles stärker.

Bei den Klimaszenarien ist neben der Temperatur auch ein wesentlicher Faktor, wie werden die Niederschläge aussehen. Ist die Vorhersage der Temperaturentwicklung eine Schwierige, so ist die Vorhersage über die Entwicklung der Niederschläge kaum möglich. Die Wissenschaftler haben die ganzen Szenarien durchgerechnet, ohne Veränderung der Niederschlagsmengen. In den letzten 15 Jahren ist die durchschnittliche Niederschlagsmenge um ca. 40 mm zurück gegangen. In den Sommermonaten ist eine ganz gewaltige Zunahme der Temperaturen bis 2050 zu erwarten.

Die Wissenschaftler der Universität für Bodenkultur haben auch die Wasserstände berechnet. Die Zunahme der niedrigen Wasserstände steigt an. Alle 2 - 3 Jahre ist eine Unterschreitung des Wasserstandes von 115,20 müA möglich.

Zusammenfassung: Wir haben eine deutliche Zunahme der Verdunstung, zunehmende Sensibilität der Wasserbilanz, relativ kleine Niederschlagsveränderungen, die Zunahme der Häufigkeit niederer Wasserstände und die Zunahme der Gefahr einer Austrocknung.

Alle Studienautoren und auch die Fachleute der Bodenkultur sind sehr vorsichtige Leute. Jede Studie ist mit Unsicherheitsfaktoren behaftet, man kann wirklich erst in 45 Jahren sagen wie das Wetter im Jahr 2050 sein wird. Aber die Tendenz und der Trend zeigt uns sehr wohl, dass zukünftig ein höherer Wasserbedarf notwendig sein wird, wenn wir gewisse Wasserstände nicht unterschreiten wollen. Die Klimastudie ist auch für uns Grund für weitere Projekte. Auf Grund der Berechnungen der prognosezitierten Wasserstände wollen wir eine neue Wasserbilanz, eine Wasserbedarfsberechnung erstellen, um dann genau nachweisen zu können, wie viel Wasser in den nächsten Jahren tatsächlich dem See zuführen werden soll. Wir wollen mit der Studie auch eine Restrisikobewertung vorlegen, wo wir im See extrem hohe Wasserstände zulassen wollen. Diese Studien werden im Oktober fertig sein.

 

Wortmeldung Hofrat Univ. Prof. Dr. Alois Herzig:

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Der Neusiedler See kann nicht als ein normaler See eingestuft werden. Es darf das System nicht so weit verändert werden, dass es zu einer Verschlechterung im Vergleich zum heutigen Zustand kommt. Das Kernproblem wird der Salzgehalt sein. Ein zweites Problem, das aber in den Griff zu bekommen ist, ist die Verschlechterung der Wasserqualität in Hinblick auf Stockstoff- und Phosphorkomponenten. Das kann man wahrscheinlich technisch so weit in den Griff bekommen, dass es zu keinem Problem führt. Obwohl das Problem besteht, wenn die Einleitung im Bereich der Neusiedler Bucht passiert, dass es dort lokal sehr wohl zu Veränderungen kommen kann. Es kann zu Veränderungen im Chemismus als auch im Nährstoffzustand des Sees kommen. Der Nachteil der Neusiedler Bucht ist, auf Grund des Strömungsmuster des Sees, es gibt eine Hauptströmung in Richtung Norden entlang des Westufers, und eine Hauptströmung in Richtung Südens entlang des Ostufers, aber zusätzlich noch mehrere Zirkulationsströmungen. Eine dieser Zirkulationsströmungen ist in der Neusiedler Bucht. D.h. wir wissen im Augenblick nicht, wie lange die Verweilzeit des Wassers in diesem engeren Bereich Neusiedl-Weiden sein wird, und ob es dort lokale Verunreinigungen geben wird. Das ist zum Teil noch lösbar, es sind im Augenblick Stömungsmessungen im Gange, die sich im Detail mit diesen Problemen befassen.

Es kommen natürlich mehr Nährstoffe in den See, das lässt sich nicht verhindern. Das kann im Bereich zwischen 2 und 9 Prozent liegen, es kann in Trockenjahren bei höheren Konzentrationen im Bereich von 50 Prozent liegen. Allerdings diese Abschätzungen kann man erst machen, wenn die Qualität des Wassers aus den Brunnen bekannt ist und wenn man weiß, was auf dem Transport in den Leitungen passiert. Wenn das Wasser in den letzten Kilometern offen transportiert wird, kann es zu Ab- und Umbauprozessen kommen, d.h. es muss die Belastung gar nicht so hoch sein.

Bezüglich Badewasserqualität. Ich glaube nicht, dass auf der langen Strecke von der Donau bis zum Neusiedler See eine Menge Bakterien und Fäkalindikatoren hereinkommen werden. Geklärt ist es nicht, die Fragen bleiben offen. Ich glaube aber nicht, dass es eine Gefährdung darstellen wird.

Etwas anderes ist es bei der Biologie. Sollte es tatsächlich zu Entsalzungen, zu Ausdünnungserscheinungen kommen, bedingt durch zu viel Wasser im See, dann sind natürlich viele biologische Eigenschaften des Sees gefährdet. Das trifft auf alle Ebenen zu, von den Kleinstlebewesen, zu den Fischen und zur höheren Vegetation. Letztendlich wirken sich solche Maßnahmen auch auf Reiher und Löffler aus, diese Vögel sind absolut angepasst an die Wasserfluktuationen. Reiher und Löffler haben einen hohen Stellenwert für den Naturschutz und auch für den Nationalpark. Von den Gutachtern wird das als ein problematischer Punkt angeführt.

Gesamtbewertung aus der Naturschutzsicht. Es gibt die Problematik und den Konflikt mit Natura 2000 und es gibt den Konflikt mit den Wasserrahmenrichtlinien. Es wird die Frage werden, wie schwer die Gewichtung seitens der Gutachter ausfällt, wenn es zu so einer Prüfung kommt. Das öffentliche Interesse kann ich hier nicht beurteilen. Die Gutachter haben es getan, daher möchte ich es nicht verhehlen, sie schreiben: <Der Erhalt des Neusiedler Sees als landschaftsprägendes Element, als Puffer für das lokale Klima und als Motor für die wirtschaftliche Entwicklung der Region, kann als höherwertiges öffentliches Interesse in der Variante eins (115,60 müA) nicht geltend gemacht werden. Bei langfristig ausgeglichener Wasserbilanz ist eine Austrocknung des Gewässers nicht zu befürchten, die Sicherung der Freizeitnutzung nur für einen kleinen Teil der Touristen im Neusiedler See-Gebiet wiegt nicht das öffentliche Interesse zum Schutze eines international bedeutsamen Feuchtgebietes auf.>

Durch die Auswirkung einer Dotation auf einen niederen Level, etwa 115,20 müA. bleiben die Argumente natürlich gleich. Allerdings wird ein gravierendes Argument geschwächt, nämlich das mit dem Salzhaushalt. Es ist sehr unwahrscheinlich wenn bei 115,20 zugeleitet wird, und dann noch Regen kommen, dass der Wasserspiegel so hoch steigt, dass dann die Schleuse geöffnet werden müsste. Diese Chance, dass hier nichts passieren wird ist relativ groß, und das hebt natürlich die Wahrscheinlichkeit, dass das einer positiven Begutachtung zugeführt werden kann. Ansonsten bleibt die Thematik der lokalen Beeinflussung durch Nährstoffe, durch event. Fäkalkeime, usw. Das wird sich nicht ändern, es ändert sich nur der Zeitpunkt der Zuleitung.

Mein Schlusswort zu diesem Thema. Wenn alles klappt und wir das erreichen, was die Ungarn auch für den Balaton erreicht haben, nämlich, dass man einen möglichst hohen Frühjahreswasserstand hält und damit jede Thematik von Wasserzuführungen sich adabsurdum führen würden, wenn uns das gelingt, wenn wir z.B. 115,80 müA halten könnten, da ist der See eben voll, da ist der gesamte Schilfgürtel mit Wasser bedeckt. Das wäre eine gewaltige Erleichterung bei der Entscheidungsfindung, da kann man tatsächlich den Regelwasserstand um ein gewaltiges anheben. Bis jetzt war der Regelwasserstand eindeutig zu niedrig. Wenn tatsächlich diese Klimaprognosen eintreten sollten, dann haben wir sowieso andere Probleme. Dann müssen wir großräumig umdenken, dann müssen wir nicht nur den Neusiedler Seeetwas anderes zubilligen, dann wird auch der Seewinkel ein bedürftiges Areal werden und wird nicht mehr so aussehen können wie er heute aussieht. Dann müssen wir andere Szenarien, von der Landwirtschaft beginnend über den Fremdenverkehr und unser privates Leben überdenken.

 

Bei der anschließenden Debatte mit den Besuchern kam eindeutig heraus, dass einerseits das Bewusstsein vorhanden ist, dass eine Sicherung des Wasserstandes gelingen muss, andererseits ohne, dass der Ökologie des Sees geschadet wird. Bei einem Wasserstand von 115,20 müA wäre das sicherlich möglich. Ein schwieriger, aber doch gangbarer Weg.

Es müssten zum Ende des Jahres alle Entscheidungsgrundlagen vorhanden sein. Die Phase der Entscheidungsfindung sollte dann beginnen, die Landesregierung wird über das Ergebnis der Studien informiert. Dann muss die politische Entscheidung fallen „ja oder nein“. Sollte die Entscheidung mit „ja“ ausfallen, dann beginnen die weiteren Verhandlungen. Wenn alle Beteiligten wollen, könnte die Entscheidung in den folgenden sechs Monaten fallen.

Die Finanzierung: Es ist sicherlich eine sehr große Summe, sollte aber mit Hilfe von Bund und Land, auch Ungarn wird einen Teil (ca. 20 Prozent) dazu beitragen, und bei entsprechend langfristigen Finanzierungsraten, bewältigbar sein.

 

Dieser Text ist als Information für all jene gedacht, die bei der Informationsveranstaltung nicht anwesend sein konnten.Wir werden, sobald sich neue Erkenntnisse ergeben, weiter berichten.

 

Bilder/Textzusammenstellung: J. Muchitsch/LSV-RefPr - 23-08-2005